Leitlinien zur Bürgerbeteiligung -
Veranstaltung im Landesmuseum Wiesbaden 17.01.2015
Heureka!
Liebe Wiesbadener und Wiesbadenerinnen. Das was da im Landesmuseum in
Wiesbaden statt gefunden hat, könnte ein Meilenstein zur Beteiligung
der Bürger werden. Geschätzt waren um die 150 Menschen vor Ort, die
produktiv diskutierten und auch Ihre Wünsche und Ängste äußern
konnten. Es hätte auch eine Veranstaltung der Piraten sein können,
mit dem Unterschied, dass diese Veranstaltung leider nicht per
öffentlich zugänglichem Live-Stream übertragen wurde, da dies lt.
Aussage des Sprechers, aus technischen und Kostengründen nicht
möglich war.
Da ich etwas später
kam, wurde ich freundlich aber bestimmt darauf hingewiesen, dass ich
mich vorher namentlich in eine Teilnehmerliste eintragen soll, was
ich dann auch tat und bekam Zugang. Zugang zu einem Saal, den ich als
Wiesbadener die letzten 35 Jahre leider noch nie betreten hatte und nicht
wusste, dass unser Landesmuseum solch einen tollen Raum hat. 10
Reihen a' 15 Plätze in Kinoart mit weißen Lederklappsesseln und
jeweils links und rechts noch eine Art Empore.
Nach der Einleitung
waren Fragen der Besucher möglich. Hier muss ich sagen, die Qualität
der Fragen war enorm.
Von der Frage wieso es denn keine
Liveübertragung ins Internet mit Aufzeichnung gäbe, um sich alles
auch nochmal in Ruhe anschauen zu können, bis hin zur Frage
was es denn bringt,
eine Leitlinien für Bürgerbeteiligung zu erarbeiten, wenn große
städtische Firmen in Gesellschaften ausgelagert wurden und die
Politik dort kaum noch Mitsprache besitzt.
Diese
letzte Frage nahm Herr Gerich (OB, SPD) direkt auf und antwortete
unerwartet, durch sofortiges Aufspringen in der ersten Reihe, dass
Wiesbaden um die 100 Beteiligungen besitzt und räumte ein, dass dies
in Vergangenheit wohl teilweise so gewesen ist, nun aber ein Programm
der Stadt läuft um dies zu ändern. Wenn man sich den letzten
Beteiligungsbericht der Stadt Wiesbaden von 2012 auf Wiesbaden.de
anschaut, kommt ich grob auf 50. (Beteiligungsbericht
2012, PDF 316 Seiten)
Außerdem wurde
daran erinnert, wie Wiesbadener Bürgerbegehren in der Vergangenheit
mit „taktischen“ Mitteln einfach abgewürgt wurden.
Die danach
folgenden Redner waren von der Empirica AG, der Stadt Wiesbaden und ein
Gastredner.
Empirica ist die Gesellschaft, die von der Stadt ausgewählt worden ist um den
Trialog zu gestalten und zu steuern. Auf der Website von Empirica findet man auch
Erarbeitung von Stadtentwicklungsstrategien und Stadtumbaukonzepten.
Besonderer Schwerpunkt: Soziale Stadt und
Eigentümerstandortgemeinschaften des weiteren bieten sie Wohnungsmarktreports,
Leerstand, Miet- und Kaufpreis-Ranking, Blasenindex und
Deutschlandindex Wohnen, grundsicherungsrelevanter Mietspiegel. Wie
Empirica genau zu der Ehre kam dies austragen zu dürfen ist wohl
nicht klar aber die Rednerin Frau Dr. Maria-Theresia
Krings-Heckemeier machte einen guten Vortrag. Die Inhalte bezogen
sich darauf, dass Wege aufgezeigt werden sollen wie man
mitentscheiden kann, Stadt übergreifend, Ortsteil übergreifend und
kleiner z.B. Praxisexperten und im kleinsten Segment so genannten
Planungszellen.
Außerdem wurden
die Themen der Arbeitsgruppen bekannt gegeben.
Besonders gefallen
hat mir, dass wenn die Stadtpolitik dem erarbeiteten Vorschlag der
Bürger nicht zustimmt, dies öffentlich begründet werden muss.
Der
nächste Redner war Herr Dr. Konrad Hummel (SPD) ehemaliger
Sozialreferent der Stadt Augsburg, dann in Berlin
als Referent für Bürgerbeteiligung beim vhw (Bundesverband für
Wohneigentum, Wohnungsbau und Stadtentwicklung) und nun
Konversionsbeauftragter der Stadt Mannheim. Rhetorisch ein Profi,
jedoch unterschwellig mit einer Botschaft. Die Botschaft lautete:
Bürgerbeteiligung ist gut, bis zu dem Maße in denen eine kleine
Gruppe von Bürgern, nach langem bürokratischen Entscheidungswegen,
übrig bleibt und diese dann nicht mehr den Durchschnitt der
Bevölkerung vertreten wie vielleicht am Anfang aber so gewichtet
mitbestimmen wollen.
Als
nächster Redner kam Herr Nickel (CDU), unser „erster Bürger“ im
Amt des Stadtverordnetenvorstehers, der wie gewohnt mit einem
lustigen Einstieg seine Rede begann und es just geschafft hat, so vom
Rest des Gesagten abzulenken, so dass ich keine weiteren Notizen
gemacht habe. Was aber nicht weiter schlimm sein dürfte, denn es
wurde ein Protokoll angekündigt, das verschickt werden soll.
Anzufordern über wiesbaden@empirica-institut.de.
Wer es noch nicht wusste, der „zweite Bürger“ unserer Stadt ist
übrigens Michael Göttenauer der als stellvertretender
Stadtverordnetenvorsteher fungiert.
Nun
ging es in die einzelnen Gruppen die ca. 20-40 Menschen stark waren.
In
den Gruppen kam man dann näher ins Gespräch und ein übergreifendes
Thema war, dass sich Bürger die in keiner Stadtverwaltung, Partei,
Amt, Ministerium oder ähnlichem befinden etwas befremdlich vor
kamen. Mit Recht. Gefühlt waren an der gesamten Veranstaltung
weniger als die Hälfte „normale Bürger“. Dies hat dann auch
Bedenken ausgelöst, ob der Prozess, so infiltriert von Stadtnahen,
mit allen Parteifarben kolorierten, zu einem dem Bürgerwunsch
angemessenen Ziel führen kann. Auch Stimmen aus der Stadtverwaltung
wurden laut, die Angst vor kommendem Mehraufwand haben, wenn sich die
Bürger beteiligen und Fragen an Ihre Verwaltung stellen wollen.
Nun
die Frage, welche Rechte muss die angestrebte Bürgerbeteiligung in
Hinsicht auf die Stadtpolitik ausüben können, wie werden die Bürger
informiert und meine Befürchtungen.
Vorab
zur Information der Bürger, muss sicher gestellt werden, dass die
Information breit gestreut, kostenlos und in einem allgemein
verständlichen Format zur Verfügung gestellt wird. Das Internet
bietet sich zwar an, damit lässt man aber viele Menschen mit großem
Wissen und Erfahrungsschatz außen vor. Ich spreche von den Älteren,
wie z.B. die super nette Dame die da war und noch keine Mailadresse
hat. Das Veröffentlichen in der Tageszeitung grenzt vor allem die
jüngere Generation aus, die sich Ihr tägliches Wissen aus dem Netz
zieht und es nicht einsieht, eine Tageszeitung zu Abonnieren, die
doch oft einseitig berichtet.
Der
Bürger braucht Zugang zu ALLEN Unterlagen der Stadt. Bitte bedenken
Sie, dass egal welches Gutachte, egal welcher Bericht, egal welches
Vorhaben, alles wird mit dem Geld der Bürger bezahlt (Steuern).
Damit hat der Bürger wohl auch ein Anrecht es wenigstens lesen zu
dürfen. Hier würde ich mich sogar mit der bloßen Veröffentlichung
im Internet begnügen.
Die
Bürgerbeteiligung muss mehr Macht haben wie die Ortsbeiräte, sonst
bringt es nichts!
Die
gewählten Volksvertreter in den Ortsbeiräten sind nur ein
beratendes Gremium und die Stadtverordneten müssen sich nicht daran
halten. Sie entscheiden frei (je nach Fraktion). Als Beispiel möchte
ich hier den Antrag gegen die Bebauung am Platz der deutschen Einheit
nennen. Der trotz 8 zu 7 Stimmen, gegen die Bebauung, einfach
durchgezogen wurde. Mein konkreter Vorschlag war hier, dass der
Bürger bei der ersten Planung, von einem gewissen
Investitionsvolumen, mit einbezogen werden muss und nicht nur die
fertigen Vorschläge zu Gesicht bekommt, wo er dann aus Modell 1,2
oder 3 wählen kann. Der Bedarf, der am Anfang jeglicher Planung
steht, muss doch mit den Menschen für die es gedacht ist
abgesprochen werden!?
Nun
meine Befürchtungen. Diese Veranstaltung zur Erstellung von
Leitlinien für die Bürgerbeteiligung soll sich nicht zum
Wahlkampfinstrument machen lassen. In der Diskussion ist dem ein oder
anderen schon mal raus gerutscht, dass die Ergebnisse erst im
Dezember kommen sollen. Dies riecht schon nach Kommunalwahlkampf für
Anfang 2016. Des weiteren kann es gut sein, da der Prozess auch als
Lernprozess gedacht ist für die Stadt, dass die ersten
„unangenehmen“ erarbeiteten Vorschläge aus der Bevölkerung, mit
dem Hinweis auf geltendes Recht, einfach vom Tisch gefegt werden. Das
wäre ein schlechtes Signal für dieses zart aufkeimende Pflänzchen
der „echten“ und direkten Bürgerbeteiligung.
Liebe
Wiesbadener und Wiesbadenerinnen, nutzt die Chance die nun geboten
wird. Lasst Euch nicht instrumentalisieren aber macht bestimmend mit.
Jedes Rädchen ist wichtig im Ganzen, mag es noch so klein sein.
DAS
WI entscheidet!
Wer
es nicht abwarten will, kann direkt Ideen und sogar Anträge über
OpenAntrag / Bürgeranträge in das Stadtparlament Wiesbaden
einbringen: www.openantrag.de/wiesbaden
Wer
Ideen für den Ortsbeirat Westend hat:
www.openantrag.de/wiesbaden-westend
Vielen
Dank an alle die soweit gelesen haben.
Euer
Markus
Kairies
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